Photo blue bottle¶
Material und Chemikalien¶
Materialliste
Materialien
- 3 LED-Lampen mit verstellbarer Farbe
- 2 Stative
- kleine Bechergläser (50 mL)
Chemikalien
- Lösung A:
- 561 mg Ethylviologen (1,1'-Diethyl-4,4'-bipyridiniumdibromid) in
- 165 mL demineralisiertem Wasser gelöst.
- Lösung B:
- 0.84 g EDTA (Dinatriumsalz)
- in 165 mL entmineralisiertem Wasser gelöst.
- Lösung C:
- 11.6 mg Proflavin (3,6-Diaminoacridin-hemisulfat)
- in 165 mL entmineralisiertem Wasser gelöst.
Sicherheit¶
Sicherheitshinweise
Durchführung¶
Durchführung
Hands-on¶
- Gib für jeden Ansatz jeweils 2 mL Lösung A (Elektronen-Akzeptor) und 2 mL Lösung B (Elektronen-Donor) zusammen.
- Untersuche, was beim Bestrahlen mit roter, grüner, blauer oder ultravioletter Strahlung geschieht.- Gib noch 2 mL Lösung C zu (phososensitizer) und untersuche wieder den Effekt von rotem, grünem, blauem und ultraviolettem Licht.
Als Demonstrationsversuch¶
Photosensibilisierung ist notwendig¶
- Je 10 mL Lösung A, Lösung B und Wasser in einem Becherglas (50 mL) mischen (Negativkontrolle)
- Je 10 mL Lösung A, Lösung B und Lösung C in einem Becherglas mischen
Beide Bächergläser auf den Hellraumprojektor stellen und einige Minuten warten.
Reaktion gelingt nur mit blauem Licht¶
- Drei Bechergläser (50 mL) mit je 10 mL Lösung A, 10 mL Lösung B und 10 mL Lösung C bereitstellen
- Jedes der drei BG unter eine andere Lampe (rot, grün, blau) stellen und einige Minuten warten.
Nach dem Versuch den Ansatz mit blauer Lösung schwenken.
Hintergrund¶
Proflavin als Modellsubstanz für Chlorophyll¶
Bei der Photosynthese absorbieren Chlorophyll-Moleküle Licht und werden dadurch vom Grund- in einen angeregten Zustand gehoben. Im Photo-Blue-Bottle-Experiment übernimmt der Stoff Proflavin diese Rolle. Proflavin ist bei pH = 7 gut wasserlöslich und liegt in protonierter Form (HP+) vor. Seine wässrige Lösung weist eine gelbe Farbe auf und ist schwach fluoreszierend.


Teilchen, die sich wie Proflavin oder Chlorophyll von Licht anregen lassen und die Anregungsenergie dann auf andere Teilchen übertragen können, heissen Photosensibilisatoren. Ein Photo¬sensibilisator wird durch Licht eines ganz bestimmten Wellenlängenbereichs angeregt: Proflavin-Moleküle weisen ihr Absorptionsmaximum im sichtbaren Bereich bei 455 nm (blaues Licht) auf. Angeregte Photosensibilisatoren werden mit einem Stern (*) gekennzeichnet; die Anregung des Proflavins wird somit wie folgt beschrieben, wobei sich die Energie des absorbierten Photons zu E = h·f ergibt (h: Planck-Konstante, f: Frequenz des Photons):
Der Photosensibilisator HP+ wird durch blaues Licht angeregt und liegt nun als HP+* vor. Während der Anregung wurde eines seiner Elektronen in ein anderes, energetisch höher liegendes Molekülorbital gehoben. Folgende Animation zeigt diesen Vorgang:
Animation des HOMO-LUMO-Übergangs in Proflavin (Absorption). Bei einem HOMO-LUMO-Übergang wechselt ein Elektron vom HOMO (highest occupied molecular orbital, also das energetisch höchste besetzte Orbital) ins LUMO (lowest unoccupied molecular orbital). Durch die Überlagerung von HOMO und LUMO schwingt das Elektron, uns zwar im Gleichtakt mit dem Photon. So kann das Elektron die Energie des Photons aufnehmen. Bei dieser Animation werden die leichten Verformungen der übrigen Orbitale und des Molekülskeletts vernachlässigt.
Der ursprüngliche Platz des angeregten Elektrons auf dem tieferliegenden Orbital ist ebenfalls frei. Deshalb ist der angeregte Photosensibilisator zugleich ein starkes Oxidations- und Reduktionsmittel.
In unserer Reaktion agiert der angeregte Photosensibilisator zunächst als Elektronen-Donor und gibt ein Elektron an ein Akzeptor-Molekül A ab, das zu A- reduziert wird. Der Photosensibilisator selbst wird dabei zu HP2+ oxidiert (Redox-Reaktion) und muss nach der Elektronenabgabe mit Hilfe eines Elektronendonor-Moleküls D (also eines Reduktionsmittels) wieder „regeneriert“, d.h. reduziert werden. Das Donor-Molekül wird dabei oxidiert (D \(\rightarrow\) D+) und verbleibt in der oxidierten Form. Der Photosensibilisator kann in kleinsten Konzentrationen vorhanden sein und dabei trotzdem eine grosse Zahl von Donor-Molekülen oxidierten und Akzeptor-Molekülen reduzieren, indem er eine riesige Zahl von Zyklen durchläuft.
Ergänze folgendes Schema, so dass es die beschriebenen Abläufe darstellt


Der oxidierte Donor ist nach dem Vorgang ein gutes Oxidationsmittel, der Akzeptor ein gutes Reduktionsmittel, so dass die beiden unter Energiefreisetzung wieder zu den Ausgangsstoffen reagieren könnten. Durch das Donor/Photosensibilisator/Akzeptor-System wurde also Lichtenergie in chemische Energie umgewandelt, die nun in Form der Potentialdifferenz zwischen dem starken Reduktionsmittels A- und dem starken Oxidationsmittel D+ vorliegt (). Die beiden Stoffe können dabei relativ reaktionsträge sein, so dass es nicht zu einer Rückreaktion kommt und die Energie gespeichert bleibt.
Es ist wichtig zu verstehen, dass der Photosensibilisator selbst die Speicherung der Energie nicht übernehmen kann: Der angeregte Zustand des Sensibilisators weist zwar ein sehr hohes Reduktionspotential auf, aber das angeregte Molekül HP+* fällt unter Abstrahlung von Energie (Fluoreszenz) nach kurzer Zeit wieder in den energiearmen Grundzustand HP+ zurück. Der in kleinsten Konzentrationen vorliegende Photosensibilisator greift in das Reaktionsgeschehen ein, wird dabei aber nicht verbraucht und übernimmt somit die Funktion eines Katalysators

Im hier behandelten Photo-Blue-Bottle-Experiment, das von Tausch entwickelt wurde (3,4, 5), wird das Zusammenspiel von Donor, Photosensibilisator und Akzeptor auf eindrückliche Weise sichtbar gemacht, indem als Akzeptor A der Farbstoff Ethylviologen verwendet wird, der in oxidierter Form farblos, in reduzierter Form hingegen tiefblau ist.

Um den Photosensibilisator Proflavin zu regenerieren, wird als Elektronendonor D Ethylendiamintetraessigsäure (EDTA) eingesetzt. Alle diese Stoffe sind wasserlöslich.
Bei Bestrahlung des in Wasser gelösten EDTA/Proflavin/Ethylviologen-Systems mit blauem Licht einer Wellenlänge von rund 455 nm (Absorptionsmaximum von Proflavin), verfärbt sich die ursprünglich gelbe Lösung (Farbe des Proflavins) mit zunehmender Bestrahlung nach tiefblau: Je mehr Zyklen das Proflavin durchlaufen hat, desto höher wird die Konzentration des reduzierten Akzeptors (das reduzierte Ethylviologen ist tiefblau).
Sofern die wässrige Lösung vor der Bestrahlung entgast wurde und damit keinen gelösten Sauerstoff enthält, ist das reduzierte Ethylviologen stabil; Lichtenergie wurde somit in chemische Energie umgewandelt, die nun in Form des tiefblauen Farbstoffes vorliegt. Besonders attraktiv ist dieses Experiment, wenn die wässrige Lösung vor der Bestrahlung nicht entgast wurde und eine geringe Menge an gelöstem Sauerstoff enthält. Da das reduzierte Ethylviologen-Molekül ein hohes Reduktionspotential aufweist und zudem ein Radikal (Molekül mit einem ungepaarten Elektron) ist, kann es den vorhandenen Sauerstoff leicht reduzieren, indem es das ungepaarte Elektron auf ein Sauerstoff-Molekül überträgt (Sauerstoff-Moleküle sind hervorragende Einelektron-Akzeptoren). Durch kräftiges Schütteln des Blue-Bottle-Systems oxidiert der Sauerstoff den blauen Farbstoff in die farblose Form. Durch erneute Bestrahlung kann das Experiment mehrmals wiederholt werden.

Die unmittelbaren Produkte, ein \(\text{EDTA}^{+\cdot}\)-Radikal und das Superoxid-Radikal \(O_2^{- \cdot}\), sind beide sehr reaktiv. Das Superoxid-Radikal reagiert zu Sauerstoff und Wasserstoffperoxid.
Das EDTA-Molekül zerfällt in einer komplizierten Reaktionssequenz (siehe unten, weitere Hintergrundinformationen).
Weitere Hintergrundinformationen
Hintergrundinformationen von Claudia Bohrmann¶
(Auszug aus der Dissertation von Claudia Bohrmann S. 61f.)
Im Gegensatz zu den vorher genannten Opferdonoren ist EDTA ein zweifacher Elektronen-Donor, dessen Oxidation über die unten formulierten Schritte verläuft. Das durch Oxidation (Gl. 1) erzeugte Radikal-Kation ist äußerst kurzlebig und deprotoniert am \(\alpha\)–C-Atom unter Bildung eines starken Reduktionsmittels (Gl. 2). Dieses Reduktionsmittel gibt in Gleichung (3) ein weiteres Elektron ab und bildet ein Imin, das schließlich unter Decarboxylierung zu einem sekundären Amin, Kohlenstoffdioxid und Formaldehyd zerfällt (Gl. 4).
Betrachtet man die Struktur von EDTA (vgl. Abb. 2.35), so wäre es ebenfalls möglich, dass die erste Deprotonierung am zum Stickstoff vicinalen Kohlenstoff-Atom der Ethylen-Einheit erfolgen kann. Da durch den Einfluss der Carboxy-Gruppe das in den obigen Reaktionsgleichungen bezeichnete Kohlenstoff-Atom jedoch wesentlich acider ist, ist anzunehmen, dass der beschriebene Weg (Gleichungen 1 - 4) bevorzugt abläuft.
Besonders günstig für den Einsatz im photogalvanischen Element ist, dass bei der Oxidation von EDTA neben zwei Elektronen in wässriger Lösung auch zwei Wasserstoff-Ionen abgegeben werden. Dies ermöglicht den alleinigen Einsatz als Elektrolyt in der 1-Topf-Anordnung. Die Deprotonierung in Gleichung (2) ist abhängig vom pH-Wert und wird umso mehr gehemmt, je saurer die Reaktionslösung ist. Dies ließ sich auch in einer Messreihe verfolgen, in der…
Eine Quelle über die Oxidation von EDTA ist die Folgende: Smith und Mann 6 Datei zur Decarboxylierung: Smith und Mann 7
Weitere Überlegungen¶
Wenn die Reaktion nach Claudia Bohrmann voranschreitet (siehe unten), sollte m.E. Glyoxylat entstehen (wie bei enzymatischen Oxidationen von EDTA).
Zu einer Decarboxylierung käme es wohl eher, wenn in einem der ersten Schritte das CO2 abgespalten würde:
Check¶
Benötigt Check
Todo¶
Todos
Quellen¶
-
Prof. Dr. Michael Tausch, Photo-Blue-Bottle, Praxis der Naturwissenschaften Chemie in der Schule, Heft Nr. 3, Jahrgang 43, 1994, Seiten 13 – 18, Aulis Verlag ↩
-
W. Tausch et al., Passendes Licht – harmlose Stoffe, Praxis der Naturwissenschaften Chemie in der Schule, Heft Nr. 2, Jahrgang 64, 2015, Seiten 45 – 49, Aulis Verlag ↩
-
Dieter Wöhrle, Michael W. Tausch, Wolf-Dieter Stohrer, Photochemie: Konzepte, Methoden und Experimente, Versuch 26, Seiten 414 – 418, WILEY-VCH, Weinheim, 1. Auflage Oktober 1998 ↩
-
Smith, P.J.; Mann, C.K.; J. Org. Chem., 6, 1969, 34, 1821-1826 ↩
-
Smith, P. J. and Mann, C. K. Electrochemical dealkylation of aliphatic amines. J. Org. Chem. 1969, 34, 1821-1826 ↩